Informationen
Normative Vorgaben
Sozialgesetzbuch V (SGB V)
Qualitätsmanagement-Richtlinie (QM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in der Fassung vom 17.12.2015, zuletzt geändert am 18.01.2024, in Kraft getreten am 20.04.2024.
Die QM-RL gilt für zugelassene Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren, Vertragsärzte, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzte.
Im § 4 der Richtlinie sind die verpflichtend anzuwendenden Methoden und Instrumente aufgelistet und angegeben, welche Anforderungen jeweils zu erfüllen sind. Auf eine Methode kann mit spezifischer Begründung (z.B. Grund der Nichtanwendbarkeit) verzichtet werden.
Ein Verzicht ist u.a. ausgeschlossen für Mindeststandards des Risiko- und Fehlermanagements.
Das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG)(beauftragt vom G-BA) hat mit Datum vom 22.12.2023 „Empfehlungen zur Bewertung der Aussagekraft von Zertifikaten und Qualitätssiegeln“ in einem Abschlussbericht veröffentlicht, damit Patientinnen und Patienten eine verlässliche Grundlage für ihre Entscheidungen bei der Auswahl von Leistungserbringern haben. Eine Checkliste mit weiteren Informationen steht Patientinnen und Patienten kostenlos zum Download zur Verfügung.
Die nach den entwickelten Kriterien ausgerichteten Zertifikate und Gütesiegel sollen bei der Methodik von Datenerhebungen (QM-Daten erhoben durch den G-BA) berücksichtigt und in eine der Allgemeinheit zur Verfügung stehender Liste (Portal) aufgenommen werden.
DIN Normen
DIN EN ISO 9001:2015
Die Norm DIN EN ISO 9001 kann als ‚Universalnorm‘ in vielen Branchen international angewendet werden. Seit 2000 wird sie zunehmend auch im Gesundheitswesen angewandt.
Die Revision DIN EN ISO 9001:2015 basiert auf der High-Level-Struktur, stellt den prozessorientierten Ansatz der kontinuierlichen Lenkung in den Vordergrund und nimmt den Aspekt des ‚Risiko basierten Denkens“ fokussiert auf, der in allen Prozessen einer Organisation strategisch bedacht und angewandt werden soll. Sie verstärkt die Anforderung an die Organisation, die Relevanz ihrer Prozesse zu bestimmen.
DIN EN 15224:2017
Die DIN EN 15224:2017 „Qualitätsmanagementsysteme – EN ISO 9001:2015 für die Gesundheitsversorgung“ ist eine bereichsspezifische Norm für die Gesundheitsversorgung und wird als Leitnorm für die Gesundheitsversorgung angesehen. Sie schließt die EN ISO 9001:2015 ein und ergänzt Interpretationen, Erklärungen, Beispiele und zusätzliche Anforderungen; sie kann als eigenständige Norm zertifiziert werden.
Die DIN EN 15224:2017 stellt den Patienten (als Schlüsselkunden) in den Mittelpunkt der Betrachtung. Alle mit der Gesundheitsversorgung der Patienten befassten Prozesse werden als klinische Prozesse definiert. Unter dem Blickpunkt der Patientensicherheit zählt die Anwendung eines klinischen Risikomanagements (als konkrete Umsetzung des „risikobasierten Ansatzes“) zu den zentralen Anforderungen und stellt eine Schlüsselkomponente innerhalb des Qualitätsmanagements dar. Durch Anwendung des klinischen Risikomanagements können Anforderungen zur Risikominimierung erfüllt werden.
Eine Zertifizierung nach DIN EN 15224:2017 erfasst z. B. im stationären Bereich explizit das ‚Management‘ von Wissen und Kompetenzen, Patientenrechte/Datenschutz, Hygiene, Arbeitsschutz, Brandschutz, Strahlenschutz, Wiederaufbereitung von Medizinprodukten.
Die Norm eignet sich zur Zertifizierung sowohl für einzelne Abteilungen und Fachbereiche (med. Disziplinen) eines Krankenhauses/Klinikums als auch für das gesamte Krankenhaus/Klinikum unter Nutzung der interdisziplinären Verknüpfungen (Schnittstellen) inklusive Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen.
Die Norm DIN EN 15224:2017 nennt für ihren Anwendungsbereich explizit konkrete Beispiele wie die Primärversorgung, die vorklinische Versorgung, Krankenhauspflege, tertiäre Versorgung, Pflegeheime, Hospize, Gesundheitsvorsorge, psychiatrischen Versorgung, Zahngesundheitsdienst, Physiotherapie, Arbeitsschutzleistungen, Rehabilitation und Apotheken.
Auch können in Interaktion mit dem Patienten stehende Organisationen wie Gesundheitsverwaltungen (Kostenträger) und der Gesundheitsprävention dienende Organisationen z.B. Bereiche des Kurwesens (Physiotherapien) oder Fitnesseinrichtungen nach DIN EN 15224:2017 zertifiziert werden.
Nutzen für den Anwender
Die bereichsspezifische Norm DIN EN 15224:2017 gilt als ‚lex specialis‘ gegenüber der zugrunde liegenden Universalnorm DIN EN ISO 9001:2015, die als ‚lex generalis‘ angesehen wird. Eine ‚lex specialis‘ ist im anwendbaren Bereich gegenüber einer ‚lex generalis‘ vorrangig anzuwenden.
Die DIN EN 15224:2017 benutzt auf der strukturellen Grundlage der DIN EN ISO 9001:2015 im Text markiert die Sprache/Terminologie der Gesundheitsversorgung. In ihrem informativen Anhang erläutert die Norm ausführlich die Qualitätsanforderungen und Qualitätsmerkmale für die Gesundheitsversorgung und gibt eine Anleitung zur schrittweisen Umsetzung des Prozessansatzes für die Gesundheitsversorgung.
Die Berücksichtigung der 11 Qualitätsaspekte nach DIN EN 15224:2017 stellt keine besondere Herausforderung oder zusätzlichen Aufwand dar, da sie sämtlich aus gesetzlichen Vorgaben wie aus dem SGB V abgeleitet sind und somit nach Themen gelistet eine besondere Möglichkeit bieten, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben matrixartig zu überprüfen und qualitativ zu bewerten, wo anwendbar.
Die Flexibilität der DIN EN ISO 9001:2015 (keine Verpflichtung zum Handbuch oder zu den 6 Verfahren der Vorgängerversion) und Schwerpunktbildung von drei wichtigen konstitutiven Kernelementen
- Betrachtung des Kontextes der Organisation
- Erfassen der Anforderungen der relevanten interessierten Parteien
- Risikobasierter Zugang
sind in die DIN EN 15224:2017 übernommen worden und bieten den Anwendern unter dem Stichwort ‚Relevanzbestimmung‘ vermehrt die Möglichkeit der Stärkung ihrer Eigenverantwortung in die Verpflichtungen ihres QM-Systems in Anbetracht der hohen, fast korsettartigen Regulationsdichte in der Gesundheitsversorgung.
Aufgrund der Bereichsspezifität repräsentiert eine Zertifizierung nach DIN EN 15224:2017 den Gold Standard eines Qualitätsmanagementsystems in der Gesundheitsversorgung.
Zudem kann bei einer Zertifizierung nach der Norm DIN EN 15224:2017 auch zusätzlich ein Zertifikat nach DIN EN ISO 9001:2015 ausgestellt werden.
Inhaltliche Übereinstimmungen zwischen
QM-RL des G-BA und Norm DIN EN 15224:2017
Der G-BA überwacht den aktuellen Stand der Umsetzung und Weiterentwicklung von einrichtungsinternem Qualitätsmanagement gemäß der Qualitätsmanagement-Richtlinie durch regelmäßige Erhebung und Auswertung von Stichproben-Daten nach § 6 der QM-RL.
Konkrete Umsetzungsanleitungen dazu macht er nicht. Verschiedene Körperschaften bieten eigene Umsetzungskonzepte/-programme an, die teils sich an der DIN EN ISO 9001:2015 orientieren.
Die Norm DIN EN 15224:2017 bietet sich als bereichsspezifische Norm zur optimalen Umsetzung mit Möglichkeit einer Zertifizierung als objektiven Qualitätsnachweis an, da sie durch ihre inhaltlichen Übereinstimmungen die Anforderungen der QM-RL umsetzen und erfüllen kann, wie nachfolgend beispielhaft aufgezeigt.
Übereinstimmungen | QM-RL G-BA | Kap. EN 15224 |
Grundsätze/Elemente: Patientenorientierung einschließlich Patientensicherheit Mitarbeiterorientierung einschließlich Patientensicherheit Prozessorientierung Kommunikation und Kooperation Informationssicherheit und Datenschutz Verantwortung und Führung | § 3 Grundelemente | 0.1.4, 0.2, 0.3, 7.1.3, 7.4, 7.5 |
Messung und Bewertung der Qualitätsziele | § 4 Methoden/Instrumente | 6.2 |
Erhebung des Ist-Zustandes und Selbstbewertung | 9.1.1, 9.1.3, 9.3 | |
Regelung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten | 5.3 | |
Prozess- bzw. Ablaufbeschreibungen | 4.4, 8.2.2 | |
Schnittstellenmanagement | 8.4, 8.2.2 | |
Checkliste | 7.5, 8.2.2 | |
Teambesprechungen | 7.4 | |
Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen | 7.1.6, 7.2 | |
Patientenbefragungen Mitarbeiterbefragungen Beschwerdemanagement Patienteninformation und -aufklärung | 5.1.2, 9.1.2 | |
Risikomanagement | 6.1.1, 6.1.2 | |
Fehlermanagement und Fehlermeldesysteme | 8.7 | |
Hygienemanagement | 7.1.4, 8.6 | |
Arzneimitteltherapiesicherheit | 7.1.3, 8.5.1 | |
Dokumentation | § 5 Dokumentation | 7.5, 9.3 |